Der ehemalige britische Premierminister John Major hat Recht: "Die Geschichte ist kein Klub, aus dem man nach Belieben austreten kann." Dies gilt auch für die Historie des Presseclubs Mainz. Tauchen Sie ein in die bunte und facettenreiche Vergangenheit und Gegenwart des Presseclubs Mainz.
Oktober 2014
25 Jahre Presseclub Mainz: Regelmäßiger Informations- und Meinungsaustausch zwischen Medien und Machern
Das Kalenderblatt zeigt den 5. Juni 1989. Im Osten Deutschlands und Europas gärt es – Gorbatschows Politik der Glasnost und Perestroika führt zu bis dahin nicht für möglich gehaltenen politischen, überwiegend friedlichen Umwälzungen. In Mainz interessiert an diesem Sommertag elf honorige Personen etwas ganz anderes: die Gründung des Presseclubs Mainz. In den „Heilig Geist – Rats- und Zunftstuben“ in der Rentengasse 2 eröffnet der ehemalige AZ-Chefredakteur Hermann Dexheimer um 19 Uhr die Gründungsversammlung. Bis 20.55 Uhr wurden sieben Vorstandsmitglieder gewählt und die Vereinssatzung verabschiedet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch der frühere ZDF-Chefedakteur Reinhard Appel.
Heute zählt der Presseclub Mainz zirka 170 Einzel- und etwa 20 Fördermitglieder. Vorsitzender Michael Schirp: „Mainz, als bedeutender Medienstandort, braucht den Informations- und Meinungsaustausch der Medienschaffenden untereinander. Der Presseclub Mainz bietet diese Plattform seit der Gründung!“ Eingebettet in das pulsierende Medien-geschehen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt und im Rhein-Main-Gebiet ist der Presseclub Mainz heute ein reger Mitspieler beim Networking untereinander. Schirp: „Dabei existieren insbesondere zwei Kommunikationsplattformen: die zahlreichen Themenabende und das jährliche Mainzer Pressefest.“
Pressefest bringt Medien und Macher zusammen
Auf diese Veranstaltung ist der gemeinnützige Verein besonders stolz. Kaum einer der gegenwärtig rund 35 Presseclubs in Deutschland veranstaltet ein solches Fest mit kommunaler Beteiligung. Gut eineinhalb Jahrzehnte war die Landeshauptstadt Mainz Mitveranstalter, jetzt ist sie als Kooperationspartner mit von der Partie. Auch wenn der Presseclub Mainz die Veranstaltungskosten nun allein stemmen muss, Michael Schirp ist nicht unbedingt traurig darüber: „So gut die Zusammenarbeit war und ist, ein journalistisch orientierter Verein sollte in der heutigen Zeit auf öffentliche Mittel weitgehend verzichten – oder auf Neudeutsch: die Compliance muss stimmen!“
Zeitweise zählte das Mainzer Pressefest annähernd 800 Besucher. Das Gros der jährlichen Teilnehmer (Redakteure, freie Journalisten und Technik-Experten) ist in das regionale Mediengeschehen integriert. Andere Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und weiteren Gesellschaftskreisen stehen mit den Medien irgendwie in Verbindung. Die Teilnahme war bis 2011 generell kostenfrei. Inzwischen müssen Interessenten, die nicht Mitglied und Fördermitglied im Presseclub oder Ehrengäste und Sponsoren sind, einen geringen Förderbeitrag zahlen. Ohne die Unterstützung von Sponsoren und Fördermitgliedern könnte der Club diesen Event – ebenso wie in der Vergangenheit – allerdings nicht stemmen.
Das vielleicht originellste Mainzer Pressefest nach der Ära Jockel Fuchs: im Sommer 2005 die Pool-Party im sanierten Taubertsberg-Bad. Dabei reichten Aktive zweier Mainzer Tauchclubs – direkt aus einem Kunststoff-Schwimmbecken kommend – aus.
Fokus derzeit auf Spuren der Mainzer Weingeschichte
Dekadenz lässt sich den Mainzer Pressefesten ansonsten nicht nachsagen. Lange Jahre wurde von den Hauptorganisatoren, Markus Biagioni (Pressechef der Stadt Mainz sowie Presseclub-Vorstandsmitglied) und Presseclub-Urgestein Robert Schmidt, das Konzept verfolgt, Baustellen oder andere Großereignisse innerhalb der Stadt als Bühne zu nutzen. 2013 wurde dann die Idee geboren, auf den Spuren der Mainzer Weingeschichte zu wandeln. So wird das Pressefest – nach Altem Weinlager im Zollhafen (2013) und Kupferbergterrasse (2014) im nächsten Jahr auf der Zitadelle, sozusagen neben dem Mainzer Prominenten-Weinberg, und 2016 im Erbacher Hof stattfinden, dem früheren Wirtschaftsbetrieb des berühmten Klosters Eberbach im Rheingau.
Monatliche Themenrunden mit viel Prominenz
Die vielleicht noch bedeutsamere Gesprächsbühne des Presseclubs Mainz sind die mittlerweile monatlichen Themenrunden. Hier haben sich schon viele Prominente ein Stelldichein gegeben. Ein Blick in die Gästeliste: Karl Kardinal Lehmann, RP-Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Walterpeter Twer (Herausgeber der Rhein-Zeitung), ZDF-Intendant Thomas Bellut, Investigativ-Journalist Hans Leyendecker, Johann Lafer und viele mehr. Überwiegend sind es Diskussionsveranstaltungen, es gab aber auch schon Weinproben und Formate wie „Presseclub on tour“. Großes Interesse weckte gegen Ende des letzten Jahrzehnts die Themenreihe „Redaktionskonzepte“, wo die Macher regionaler und überregionaler Medien ihren redaktionellen Alltag vorstellten.
Am Ende eines Themenabends tragen sich die „Stargäste“ in das Gästebuch des Clubs ein. Viele Erkenntnisse sind dort niedergeschrieben, unter anderem dieses Zitat: „Lieber Presseclub Mainz, nur Missverständnisse ermöglichen Kommunikation und Entwicklung“ (Prof. Anton Escher vom Geografischen Institut der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz).
Vom Bassenheimer Hof und Frankfurter Hof in den Erbacher Hof
Gut ein Jahrzehnt domizilierte der Presseclub Mainz im Bassenheimer Hof, zog dann zur Jahrtausendwende in den Frankfurter Hof um und nutzte seit Mai 2013 das Tagungszentrum im Erbacher Hof.
Seit März 2022 ist der Treffpunkt die AWO-Tagesstätte in Mainz-Gonsenheim.
Viele Mitglieder haben die Geschicke des Mainzer Presseclubs in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten bestimmt. Dies gilt in besonderem Maße für die Ehrenmitglieder Hermann Dexheimer und Karl-Heinz Schulz (beide verstorben) sowie Ingolf Falkenstein. Er, der frühere Leiter des ZDF-Landesstudios Rheinland-Pfalz, warf in der Mitgliederversammlung am 13. Oktober einen sehr persönlichen Rückblick auf die Anfangs- und Folgejahre des Vereins (siehe Bericht in der Allgemeinen Zeitung Mainz).
Stiftung Presseclub Mainz fördert Qualitätsjournalismus
Zu den bemerkenswerten Vereinsleistungen zählt ferner die im Juni 2004 gegründete Stiftung Presseclub Mainz. Ihre Hauptaktivität ist die Ausschreibung des mit 5.000 Euro dotierten „Mainzer Journalistenpreises“, der im Mai dieses Jahres inzwischen zum sechsten Mal vergeben wurde (erstmals im Dezember 2007). Es ist insbesondere das Verdienst der langjährigen Stiftungsvorstände Andreas Valentin, Heribert Herrgen und Klaus Graf, dass die Stiftung ihren Auftrag vorbildlich erfüllt, hervorragende journalistische Arbeit zu würdigen und damit zu fördern.
hjb